Blog
Proof of concept – wie Crowdfunding dir helfen kann, einen Markttest zu machen
- 28. November 2018
- Posted by: Stephan Popp
- Category: Gründen Gründertipps
Am 14. November hat Mona aus dem Münchner Büro das Thema „Gründen mit Crowdfunding“ beim Skillshare Breakfast des Münchner Impact Hub vorgestellt. Und weil am Ende der Aspekt „proof of concept“ die meisten Likes hatte (siehe Foto), haben wir sie gefragt, was „proof of concept“ eigentlich bedeutet und warum sie es für einen so wichtigen Aspekt beim Gründen (aber nicht nur dort) erachtet.
Hallo Mona. Was heißt eigentlich „Proof of Concept“?
Proof of concept heißt Überprüfung des eigenen Konzepts – eine Sache also, die für unternehmerische Ideen ebenso wichtig ist wie für non-profit-Projekte. Es geht darum zu prüfen, ob die Idee bei der Zielgruppe (das können je nach Projekt Kunden, Fans, Zuschauerinnen, Helfer, Unterstützer, Mitmacherinnen… sein) überhaupt ankommt, ob sie verstanden wird, und – und das ist das wichtigste – ob diese Zielgruppe einen Bedarf an dem hat, was ich anbiete.
Wichtig ist also, dass ich mit meiner Idee auf den „Markt“ gehe, ich mich also aktiv in das Umfeld begebe, in dem ich meine Zielgruppe vermute, und dort mein Konzept vorstelle. Deshalb spricht man auch von „Markttest“.
Warum ist Crowdfunding so ein gutes Tool für ein Proof of Concept?
Beim Crowdfunding stellt man seine Idee, sein Projekt oder Produkt öffentlich vor – i.d.R. auf einer Plattform oder Website. D.h. ich muss mir als Initiator oder Initiatorin Gedanken darüber machen, wie ich die Texte, die Ansprache im Video, meine ganze Kommunikation gestalte. Da geht es natürlich auch darum, möglichst klar zu zeigen, welches Problem meine Idee löst, wer mein Produkt kaufen sollte, warum das Konzept unterstützenswert ist und welche Menschen davon profitieren, wenn ich es umsetze. Ich habe also idealerweise während der Planung meiner Kampagne schon vor Augen, wen ich mit meiner Kampagne erreichen will – meine Zielgruppe, meinen Markt.
Angenommen, ich schaffe es, diese Zielgruppe zu erreichen – durch Kommunikation in sozialen Medien, gut geschaltete Facebook-Ads, Offline-Events und -Aktionen, die Zusammenarbeit mit Netzwerken und Multiplikatoren – und trotzdem unterstützen nur sehr wenige meine Kampagne. Dann ist das ein ziemlich deutlicher Indikator dafür, dass meine Idee keinen Markt hat, das Konzept so nicht funktioniert oder ich eine völlig andere Zielgruppe habe, als angenommen. Ich kann dann also entscheiden, ob ich mein Konzept modifiziere, mein Produkt anpasse, die Zielgruppe überdenke – und dann vielleicht mit einer zweiten Kampagne nochmal durchstarte und einen zweiten Test mache. In manchen Fällen ist es sicher auch angebracht, die Idee einfach fallen zu lassen und nochmal ganz neu zu denken – und sich mit einem neuen Konzept auf einen neuen Weg zu machen.
Umgekehrt ist es ein ziemlich guter Indikator, wenn meine Kampagne erfolgreich ist und ich viele UnterstützerInnen oder Vorbestellungen gewinnen kann – z.B. wie beim Projekt Carryyygum. Dort haben 720 Personen einen flexiblen Fahrradgepäckträger vorbestellt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Produkt auch weiterhin erfolgreich am Markt bestehen kann, ist also recht hoch und der Entwickler dieses Produkts kann darüber nachdenken, in weitere Vertriebswege zu investieren, etwa einen Onlineshop.
Welche Projekte nutzen Crowdfunding für einen Proof of Concept?
Sicher hat fast jeder von euch schon eine Crowdfunding-Kampagne eines Unverpackt-Ladens gesehen. Viele von Ihnen machen die Crowdfunding-Kampagnen auch deshalb, weil sie überprüfen wollen, ob es in dem jeweiligen Ort überhaupt Bedarf an einem solchen Laden gibt, ob die Idee verstanden und genug Leute bereit sind, das Projekt schon vor Eröffnung finanziell oder auch mit Tipps und Kontakten zu unterstützen. Scheitert eine solche Kampagne, kann das ein Indikator dafür sein, dass der zukünftige Laden nicht ausreichend Kunden finden wird und sich das Konzept nicht trägt. Dann kann man entscheiden, ob man die Investitionen besser sein lässt oder das Konzept überarbeitet und etwa um einen Lieferdienst für die umliegenden Dörfer erweitert oder einen Onlineshop hinzunimmt.
Generell bietet sich Crowdfunding als Markttest für Produkte an – wenn ich über die Kampagne nicht ausreichend Vorbestellungen erhalte, habe ich im besten Fall noch kein Geld für die Serienproduktion ausgegeben, keine Werkzeuge ausgelöst, keine Lagerräume angemietet und keine Logistikfirma beauftragt.
Viel weniger bekannt ist Crowdfunding für Dienstleistungen – auch dafür kann ich Vorbestellungen oder Letter of Intent (LoI) einsammeln, bevor ich ein neues Büro anmiete, in eine umfangreiche Website oder Online-Schulungstools investiere. Solche Crowdfunding-Kampagnen können auch offline ablaufen – dazu schreiben wir auf jeden Fall bald auch noch einen Blogartikel.
Was muss ich beachten, wenn ich mit Crowdfunding einen Markttest machen will?
Kampagnen, die einen Markttest machen wollen, sollten nicht nur darauf achten, ob die Zielsumme erreicht wird. 10.000€ für meine Ladenidee von 5 Personen oder von 500 Personen machen einen großen Unterschied – und auch, ob diese Personen aus dem Ort kommen, in dem ich meinen Laden eröffnen will, oder nicht. Auch das Verhältnis von Besuchern auf meiner Seite zu tatsächlichen UnterstützerInnen kann wichtig sein – ist die Konversion besonders niedrig, wird mein Konzept möglicherweise nicht verstanden oder überzeugt nicht. Das gleiche gilt für hohe Abbruchraten und kurze Verweildauern (Kampagnen also unbedingt analysieren – Hilfe dazu geben wir dir in unserer Toolbox!).
Ebenso sollte man einen besonderen Blick auf die Interaktionen (Kommentare, Rückfragen) haben und die Zielgruppe aktiv um Feedback bitten, um ihre Bedürfnisse besser zu verstehen – etwa durch gezielte Befragungen, Zielgruppendialoge, Umfragen oder Gespräche.
Wer eine Crowdfunding-Kampagne machen will, um seinen Markt zu testen, muss sich deshalb schon zu Beginn der Planungen fragen: Was ist für mich ein erfolgreicher Markttest? Wieviele UnterstützerInnen muss ich erreichen, damit es für mich ein erfolgreicher Markttest ist? Welche Zielsumme sollte ich schaffen? Welche anderen Kennzahlen sind wichtige Indikatoren?
Warum findest du den Aspekt Proof of Concept so wichtig?
Vielen Gründungen scheitern, weil es für das Produkt oder die Dienstleistung, die sie anbieten, keinen Markt, d.h. keine Kunden gibt. Oftmals sind zu dem Zeitpunkt, zu dem dies festgestellt wird, schon unzählige Arbeitsstunden und auch Ersparnisse in die Idee geflossen. Ich habe schon so viele Apps ohne interessierte User, Modekollektionen ohne Kundinnen, Bücher ohne Leserschaft, Veranstaltungen ohne Gäste gesehen – und ganz oft hing in diesen Projekten schon sehr viel Zeit, Herzblut und Geld.
Deshalb ist es in meinen Augen so wichtig, möglichst früh in Kontakt zur Zielgruppe zu kommen, zu gucken, ob die Idee ankommt, Feedback einzuholen und das Produkt ggf. nochmal zu modifizieren, den Kundenwünschen anzupassen. Auch um rechtzeitig einen anderen Weg einschlagen zu können, wenn sich ein Konzept nicht als tragfähig erweist.
Crowdfunding als Markttest – sehen das andere auch so?
Ja, auf jeden Fall. Banken beispielsweise erkennen Crowdfunding zunehmend als eine Form des Markttests an. Die L-Bank in Baden Württemberg koppelt etwa die Vergabe von Mikrodarlehen an eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne, die sie als „erfolgreiche Marktverprobung“ wertet. Auch die Münchner Stadtsparkasse hat mit MunichCrowd die Themen Gründungsdarlehen und Crowdfunding in einem neuen Programm gekoppelt und rät insbesondere solchen Projekten zu einer Crowdfunding-Kampagne, deren Marktpotential die BankberaterInnen nicht einschätzen können.
Auch die Plattform Oekom-Crowd des Münchner Verlags Oekom ist ein Beispiel für einen Markttest: Hier werden Buchprojekte vorgestellt, die erst dann verwirklicht werden, wenn genügend Vorbestellungen eingehen. Der Verlag sichert damit sein verlegerisches Risiko ab und prüft, ob es für bestimmte Titel und Themen eine genügend große Leserschaft gibt.
Was passiert, wenn mein Proof of Concept nicht erfolgreich ist?
Ich würde sagen, ein proof of concept ist immer positiv, egal, welches Ergebnis er bringt. Denn wenn der Markttest zeigt, dass meine Idee nicht funktioniert, mein Produkt bei den Kunden abblitzt, mein Projekt keine UnterstützerInnen findet oder ich eine Lösung anbiete, für die es kein Problem gibt – dann spare ich letztendlich Zeit, Geld, Ressourcen und Energie, wenn ich diesen Weg nicht weiter verfolge.
(Foto: Simone Naumann)